Befürchtungen zum Erstgespräch


Für viele PatientInnen ist es ein großer Schritt, einen Termin für ein Erstgespräch zu vereinbaren. Bereits vor der ersten Sitzung merken sie, wie ihre Aufregung steigt und eine Frage nach der anderen durch den Kopf geht. Je nach Problemlage und Ausgangssituation sind diese ganz unterschiedlich, für die individuelle Person jedoch sehr bedeutsam. Einige dieser Fragen und Annahmen, die PatientInnen beschäftigen können, werden hier nun näher beleuchtet.

Wenn ich eine Therapie brauche, bin ich schwach und werde auch so behandelt.


Auch wenn es sich im Gefühl für viele PatientInnen nicht so anfühlt: Es sich wert zu sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und Verantwortung für Veränderungen in seinem Leben zu übernehmen, ist ein wichtiger und mutiger Schritt. Im Erstgespräch und Therapieverlauf werden deshalb auch Eigenschäften, Kompetenzen und Stärken berücksichtigt, wie sie ihr Leben und seine Herausforderungen bisher gemeistert haben, um genau daran anknüpfen zu können.

Muss ich mich dann gleich auf die Couch legen?


Das Therapiesetting, in dem PatientInnen liegen und die TherapeutInnen am Kopfende sitzen, gibt es heute im Rahmen der klassischen Psychoanalyse. Dieses Setting hat durchaus seine Berechtigung, es gibt jedoch auch in den psychodynamischen Verfahren mehrere Modifikationen. Bei der Verhaltenstherapie sitzen sich die Gesprächspartner gegenüber.

OK, ich muss mich nicht hinlegen. Aber wird mich der Therapeut nicht vom ersten Moment und Blick an analysieren?


Psychotherapie heißt nicht Telepathie. TherapeutInnen sind im ersten Gespräch bemüht einen Gesamteindruck von ihrem Gegenüber zu bekommen. Dazu ist es wichtig, PatientInnen und ihre aktuelle Gefühlslage genau wahrzunehmen und entsprechend reagieren zu können. Gedanken lesen können TherapeutInnen nicht und werden Fragen stellen, um etwas über sie zu erfahren.

Wenn es dann mit dem Gespräch losgeht, muss ich sofort alles auspacken?


Im Erstgespräch bitten die meisten TherapeutInnen um eine freie Schilderung, was die PatientInnen zu ihnen führt. Dabei machen sie sich mit gezielten Nachfragen einen Überblick über Symptome und Belastungsfaktoren. Es geht dabei nicht darum, PatientInnen emotional zu überfordern und alle schwierigen Themen auf einmal zu besprechen. Stattdessen können schwierige Themen auch mit Überschriften benannt werden und zu einem späteren Zeitpunkt genauer besprochen werden. Es ist gesund, auf seine eigenen Grenzen zu achten, schließlich müssen PatientInnen auch TherapeutInnen erst kennenlernen.

Werde ich ernst genommen, wenn ich mich traue, ein schwieriges Thema anzusprechen?


Viele PatientInnen haben Angst, dass ihre Beschwerden einerseits belächelt, andererseits aber auch dramatisiert werden könnten. TherapeutInnen versuchen, das subjektive Empfinden der PatientInnen nachzuvollziehen. Dabei geht es nicht um eine moralische Bewertung oder „richtig-falsch“. Durch ihre Erfahrung haben sie in den meisten Fällen bereits Menschen mit ähnlichen Problemlagen kennen gelernt und können dazu beitragen, das eigene Problem besser einzuordnen.

Jetzt habe ich mich geöffnet. Kann ich sicher sein, dass meine Geheimnisse gewahrt werden?


Ja, das können Sie. PsychotherapeutInnen unterliegen der gesetzlich geregelten Schweigepflicht. Diese besteht für die Tatsache, dass PatientInnen sich in Behandlung befinden und die besprochenen Inhalte. Sie gilt über den Tod von PatientInnen hinaus. Im Rahmen einer Kostenübernahme durch eine Krankenversicherung werden zu Abrechnungsgründen Diagnosen und die Information über die Behandlung übermittelt. Weitere Auskünfte an Behörden oder Ähnliches finden nur mit einer Schweigepflichtentbindung durch die PatientInnen statt und erfolgen nur im begrenzten Umfang.

Und dann sagt mir ein vielleicht deutlich jüngerer Mensch, wie ich mein Leben umgestalten soll!?


Viele TherapeutInnen erleben Zweifel der PatientInnen, wenn sie einen deutlichen Altersunterschied erleben. Auch wenn TherapeutInnen sich in einer anderen Lebenssituation befinden, können sie durch ihre professionelle Ausbildung und Expertise sowie ihre Empathie und Anteilnahme unterstützen. Dabei ist es nicht notwendig „alles erlebt zu haben, was PatientInnen erlebt haben“. Zum Beispiel muss ein Arzt auch keine Blinddarmentzündung erlebt haben, um einen Wurmfortsatz erfolgreich entfernen zu können. Der zweite Aspekt in dieser Frage zählt auf die Rollenverteilung in der Therapie ab. Ratschläge können dabei manchmal auch Schläge sein – das bedeutet, dass frühzeitige Interpretationen und kurzgedachte Lösungen in einer Therapie nicht vorkommen sollten, weil sie PatientInnen vermitteln, dass sich ihre Probleme „einfach lösen“ lassen. Dem ist jedoch meist nicht so. TherapeutInnen sind Experten für die Methoden, PatientInnen sind Experten für die Inhalte und können deshalb am besten sagen, welche Lösungen oder Vorschläge sie für umsetzbar und sinnvoll halten. Nach der Regel der „geringsten notwendigen Intervention“ wird die Einflussnahme auf das Leben der PatientInnen so viel wie nötig, aber auch so gering wie möglich gehalten. PatientInnen sollen dabei ihre eigenen Vorstellungen von Zielen und von Erwartungen an die Therapie formulieren. Es ist dann die Aufgabe der TherapeutInnen zu schauen, ob dies Ziele sind, die auch im langfristigen Interesse der PatientInnen liegen (z.B. „Ich will in ein paar Wochen wieder fit für die Arbeit sein vs. Ich möchte langfristig besser mit Stress umgehen können“) und sie daraufhin ein therapeutisches Angebot machen können oder nicht.

Ich habe Angst, abhängig zu werden und jahrelang zur Therapie gehen zu müssen!


Die Befürchtung besteht in diesem Fall darin, die Kontrolle über den Prozess zu verlieren. In der Verhaltenstherapie wird in Absprache mit den Patienten ein Vorgehen vereinbart, bei dem transparent die nächsten Schritte und deren Hintergrund erläutert werden. Bereits nach dem ersten Gespräch sollten PatientInnen eine Orientierung haben, wie es in den nächsten Sitzungen weitergehen kann. Über Zwischenbilanzen wird dann im Verlauf gemeinsam eingeschätzt, welche Therapieziele bereits erreicht sind und woran noch gearbeitet werden muss. Als Orientierung können die Stundenkontingente im Rahmen gesetzlichen Krankenversicherung dienen: 24 Sitzungen als Kurzzeittherapie und 60 Sitzungen als Langzeittherapie im Bereich Verhaltenstherapie. Bei regelmäßig wöchentlich stattfindenden Sitzungen sind damit Zeiträume von mindestens einem halben Jahr bis zwei Jahren realistisch.

Vertrauen in der Psychotherapie


Es gibt sicher noch viel mehr Fragen, die hier nicht aufgeführt sind. Unsere PsychotherapeutInnen stehen Ihren Fragen offen gegenüber! Stellen Sie diese im Erstgespräch, das sorgt für optimale Ausgangsbedingungen und erhöht das Vertrauen. Zusammenfassend lässt sich feststellen: Es lohnt sich, das Erstgespräch auf sich zukommen zu lassen. In den meisten Fällen zeigt sich bereits danach eine erste Entlastung. Es kann auch vorkommen, dass die „Chemie“ zwischen TherapeutIn und PatientIn einfach nicht stimmt – das ist auch ok. Dann kann es von Vorteil sein, dies zu besprechen oder noch weitere BehandlerInnen kennenzulernen und eine Entscheidung zu treffen.