Experimentelle Psychologie und psychologische Lerntheorien, kognitive Wende und Dritte Welle
Die Verhaltenstherapie hat sich über die Jahre kontinuierlich weiterentwickelt. Die neuesten Entwicklungen, bekannt als Dritte Welle-Verfahren, bauen auf den bewährten Methoden der Verhaltenstherapie auf und integrieren neue Ansätze wie Achtsamkeit und Akzeptanz. Um zu verstehen, wie diese modernen Methoden entstanden sind, ist es hilfreich, einen Blick auf die Geschichte der Verhaltenstherapie zu werfen.
Historischer Hintergrund
Die Verhaltenstherapie begann mit der experimentellen Psychologie und psychologischen Lerntheorien, die auf der Forschung von Verhaltenspsychologen wie John B. Watson und B. F. Skinner basieren. Diese frühen Ansätze konzentrierten sich darauf, Verhaltensweisen durch Lernen und Verstärkung zu ändern.
Später kam die kognitive Wende, die den Fokus auf die Rolle von Gedanken und Überzeugungen in der psychischen Gesundheit legte. Die kognitive Therapie, entwickelt von Aaron T. Beck, untersuchte, wie unsere Gedanken unsere Emotionen und unser Verhalten beeinflussen können.
Auf dieser Basis entwickelten sich die Dritten Welle-Verfahren, die neue Konzepte und Techniken einführten, um die Verhaltenstherapie zu erweitern und zu verbessern.
Achtsamkeit und Akzeptanz
Die Dritte Welle-Verfahren integrieren Achtsamkeit und Akzeptanz. Während frühere Therapieansätze vor allem auf die Veränderung von Verhaltensweisen und Denkmustern abzielten, legen diese neuen Methoden Wert auf die Akzeptanz von Gedanken und Gefühlen.
- Achtsamkeit bedeutet, sich bewusst auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren, ohne ihn zu bewerten.
- Akzeptanz bedeutet, unangenehme Gedanken und Gefühle anzunehmen, anstatt gegen sie zu kämpfen. Dies kann helfen, den Druck zu reduzieren und den Umgang mit unveränderlichen Erfahrungen zu verbessern.
Beobachtung der Gedanken
Die Vorstellung, alles Belastende sei ein lösbares Problem, erzeugt oft enormen Druck, zum Beispiel sich noch mehr anzustrengen, und wird wiederum dadurch nicht selten selbst zu einem zusätzlichen oder gar zum eigentlichen Problem. Im Gegensatz zu anderen kognitiven Interventionen ist hier nicht die Umstrukturierung der Inhalte von Gedanken das Ziel. Stattdessen liegt der Fokus darauf, wie eigene Gedanken betrachtet werden. So soll ein Weg gefunden werden, die Gedanken weder vermeiden noch kontrollieren zu müssen, sondern diese zu beobachten ohne sich mit diesen zu identifizieren.
Emotionsregulation – Wahrnehmung von Gefühlen
Viele Ansätze der Dritten Welle fokussieren auf die Emotionsregulation. Damit gemeint ist die Art und Weise, wie Menschen Gefühle wahrnehmen und mit diesen umgehen. Oft bezieht sich dies auf Gefühle, die als zu intensiv oder unangenehm erlebt werden. Ziel ist hier, frühzeitig kritische Situationen, in denen starke Gefühle ausgelöst werden können, zu erkennen und Verhaltensweisen zu lernen, diese Gefühle abzuschwächen bzw. zu verändern.
Therapieansätze der 3. Welle
Bei einer Vielzahl der Methoden hat sich in wissenschaftlichen Studien gezeigt, dass diese störungsübergreifend erfolgreich angewendet werden können. Das bedeutet, dass nicht nur Patient:innen mit einem bestimmten Beschwerdebild von diesen profitieren, sondern sie bei vielen psychischen Problemen eingesetzt und bei gängigen Behandlungsplänen ergänzt werden können.
Zu den wichtigsten und bekanntesten Therapieansätzen der Dritten Welle zählen:
- Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT): Hilft dabei, Gedanken und Gefühle zu akzeptieren und das Verhalten nach persönlichen Werten auszurichten.
- Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) und Mindfulness-Based Cognitive Therapy (MBCT): Nutzen Achtsamkeit zur Stressbewältigung und Prävention von Rückfällen bei Depressionen.
- Schematherapie: Fokussiert auf die Veränderung von tief verwurzelten Denkmustern und Schemata. Kann u. a. bei Persönlichkeitsstörungen und chronischen Erkrankungen eingesetzt werden.
- Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT): Verbessert die Emotionsregulation und zwischenmenschliche Fähigkeiten, besonders bei Borderline-Persönlichkeitsstörung.
- Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP): Kombiniert kognitive und verhaltensbezogene Methoden zur Behandlung chronischer Depressionen.