Ab wann ist das Einkoten oder Einnässen meines Kindes ein psychiatrisches Problem?
Einkoten – unter Fachleuten als Enkopresis bezeichnet – wird als Störung angesehen, wenn das Kind mindestens 4 Jahre alt ist und mindestens einmal im Monat Kot an Orte absetzt, die nicht dafür vorgesehen sind. Manche machen dies mit Absicht, bei den meisten passiert das allerdings unbeabsichtigt.
Einnässen heißt in Fachkreisen auch Enuresis und wird erst ab 5 Jahren als störungswertig angesehen.
Teilweise war das Kind bereits „trocken“ bzw. „sauber“. Durch belastende Ereignisse kann das Kind dann wieder anfangen einzunässen oder einzukoten. Bevor wir in der Verhaltenstherapie ein Kind aufgrund dessen behandeln, muss eine gründliche medizinische Untersuchung erfolgen, um körperliche Ursachen auszuschließen. Viele Kinder leiden beispielsweise an Verstopfung. Oftmals liegen zusätzlich zur Inkontinenz noch andere Auffälligkeiten wie emotionale Belastungen vor, die wir in der Psychotherapie natürlich mitbehandeln.
Warum hat mein Kind Probleme bei seinen Ausscheidungen?
Das kann verschiedene Ursachen haben. Oft berichten die Kinder von Problemen beim Stuhl absetzen, z.B. von Schmerzen aufgrund von zu festem Stuhl oder Blutspuren auf dem Toilettenpapier, weil eine kleine Analfissur vorliegt. Dies kann dazu führen, dass bewusst oder unbewusst Stuhl zurückgehalten wird, bis es zu einer Verstopfung kommt oder sogar zu einer Darmerweiterung führt, da sich eine große Menge an Kot angesammelt hat. An dem Kotklumpen schiebt sich der nachkommende flüssige Stuhl dann vorbei und führt zum Einkoten.
Nächtliches Einnässen liegt oft daran, dass die Betroffenen schwer erweckbar sind und nicht bemerken, dass die Blase voll ist (Reifestörung). Sind Kinder tagsüber betroffen, zögern sie den Toilettengang manchmal zu lang hinaus, weil gerade etwas anderes interessanter ist oder sie leiden unter Dranginkontinenz. Das bedeutet, dass schon kleine Urinmengen einen solch hohen Drang zum Wasserlassen auslösen, dass das Kind es nicht mehr rechtzeitig zur Toilette schafft. Bei einer anderen Störung, der Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination, entspannt sich das Kind nicht ausreichend beim Wasserlassen. Stattdessen spannt es den Blasenschließmuskel an, sodass der Urinstrahl teilweise unterbrochen ist, die Blase nicht vollständig entleert werden kann und das Kind gegen den Widerstand des Schließmuskels anpressen muss.
Einnässen und Einkoten können aber auch Anzeichen für Interaktionsprobleme in der Familie sein. Besondere Ereignisse wie der Verlust einer Bezugsperson, die Trennung der Eltern oder die Geburt eines Geschwisters können ebenfalls belastende Stressfaktoren für das Kind darstellen.
Enuresis - was passiert in der Therapie?
Ein Bestandteil der Behandlung der Enuresis ist eine umfassende medizinische Diagnostik. Es ist dabei notwendig, auch eine:n Facharzt/Fachärztin für Kinderurologie zu konsultieren, um potenzielle Erkrankungen oder Veränderungen des Urogenitaltraktes abklären zu lassen. Zusätzlich erfassen die Eltern über einen Zeitraum von 14 Tagen das Einnässen sowie die Trinkmenge mithilfe eines Protokolls.
Nach der medizinischen Abklärung wird im Rahmen der Therapie eine umfassende und altersgerechte Psychoedukation durchgeführt. Das umfasst auch Gespräche über das Einnässen, die Funktionsweise unserer Blase und Möglichkeiten zur Reduzierung von Schamgefühlen sowie die Klärung der Frage, ob familiäre Belastungen vorliegen, die einen Therapieerfolg möglicherweise behindern.
Es existieren erprobte Trainingsprogramme, die einen positiven Heilungserfolg bringen. Diese beinhalten auch das positive Verstärken des gewünschten Verhaltens, Selbstwahrnehmungstraining, Blasentraining und Toilettentraining. Eltern und Kinder lernen, ihr Verhalten zu ändern. Ein Beispiel dafür ist das Toilettentraining, bei dem die Familie lernt, wann und wie oft das Kind zur Toilette geschickt werden soll. Zunächst helfen die Eltern dem Kind, später soll es jedoch eigenständig lernen, für sich selbst zu sorgen und zu handeln. Eine zusätzliche Therapiemethode ist die apparative Verhaltenstherapie, bei der ein Alarmgerät bei Feuchtigkeit aktiviert wird, einen Alarm auslöst und die Eltern weckt, um das Kind zur Toilette zu begleiten. Auf lange Sicht erzielt das Alarmgerät die besten Erfolge, allerdings erfordert dies die Einbindung der ganzen Familie.
Enkopresis - was passiert in der Therapie?
Die Behandlung der Enkopresis beginnt, wie auch bei der Enuresis, mit einer gründlichen medizinischen Untersuchung. In manchen Fällen kann es erforderlich sein, zusätzlich eine ärztliche Behandlung in Anspruch zu nehmen, etwa bei schweren Verstopfungen.
Eltern erhalten in der Therapie eine umfassende Beratung. Diese umfasst eine Aufklärung über Enkopresis, den Abbau von Ekel und Scham sowie Strategien für einen guten Umgang mit entsprechenden Situationen.
In der Psychotherapie wird auch mit dem Kind eine altersgerechte Psychoedukation durchgeführt, was eine Erklärung von Aufgaben und Funktionen des Darmtraktes beinhaltet. Da Kinder meist ebenfalls unter der Situation leiden, sind Maßnahmen zur Stärkung des Selbstwertgefühls von Bedeutung. Es gilt, Scham-, Ekel- und Schuldgefühle abzubauen und zusammen mit dem Kind ein Toilettentraining zu entwickeln. Damit der Transfer in die Häuslichkeit optimal gelingen kann, ist es notwendig, die Familie in diesen Prozess einzubeziehen.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Therapie?
Da Einkoten und Einnässen oft mit einem hohen Schamgefühl besetzt sind und in der Kita oder der Schule zu Hänseleien führen können, sollten Sie sich schnell Hilfe holen, um psychische Schäden zu vermeiden.
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